Fotos: Toni Suter

mit: Wiebke Kayser, Bettina Riebesel, Christian Baus, Jörg Dathe, Jürg Wisbach, Samuel Zumbühl

Regie: Isabel Osthues
Bühne: Michael Böhler
Kostüme: Mona Ulrich
Die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ist eine der unnachgiebigsten Chronistinnen unserer Zeit. Kaum eine andere Theaterautorin ermittelt präziser und aktueller die Krisen der modernen Gesellschaft. Jelineks neuster Streich, «Die Kontrakte des Kaufmanns», spielt in der Welt der entfesselten Finanzströme. Ausgehend von der jüngsten Bankenkrise, die die Finanzplätze der Welt erschütterte, entwickelt sie ein atemberaubendes Sprachstück über gierige Kleinanleger, blinde Finanzjongleure und wild gewordene Spekulanten. «Die Bank», «der Markt», «die Börse» und «das Geld» nehmen bei Jelinek das Heft in die Hand und predigen ausgelassen die Regeln des freien Geldflusses. In irrwitzigen Sprachkaskaden schwadronieren sie über totes, versenktes, verbranntes und in die Karibik ausgewandertes Kapital, über Gernegross-Banker in Gernegross-Ländern und über jene Heuschrecken, die nationale Grossbanken nach biblischem Vorbild zu Kleinholz verarbeiten. Die jüngsten Ereignisse der Zeitgeschichte werden bei Elfriede Jelinek zum Sprungbrett: für sprachliche Salti und für eine bitterböse Abrechnung mit einer im freien Markt gefangenen Gesellschaft.
Presse
«Famos und anregend unterhaltend wird Elfriede Jelineks «Kontrakte des Kaufmanns» am Luzerner Theater aufgeführt (...) Es sei hier erlaubt, für einmal das Pferd von hinten aufzuzäumen: Als die Aufführung am Samstag vorbei war und Dominique Mentha einige Worte an das Premierenpublikum richtete, meinte er, es sei gelungen, ein stimmiges und gut eingespieltes Schauspielerensemble zusammenzuführen. Wahrhaft, diesen Worten kann nur beigepflichtet werden: In dieser Besetzung sind deutliche Ansätze eines eigenen Ensemblecharakters zu sehen. Es ist ein Freude, mit welcher Vertrautheit und Leichtigkeit die Schauspieler auf der Bühne agieren.
Dies ist eine fast notwendige Bedingung, um die doppelbödige, teilweise an die Musikalität grenzende Sprache Jelineks die nötige Wirkung zu verleihen. Ihre Sprache entlarvt meisterlich in der an die Heilsgeschichte angelehnten Rhetorik, die Allmachts- und Grössenwahn-Phantasmagorien einer selbst ernannten Elite. Mit grossem Raffinement wird hier die Terminologie des Wirtschaftsdiskurses mit Sprachbildern von Leiblichkeit und Leben durchwoben.
Die attraktive Bühne (Michael Böhler) unterstreicht die Mär von der «schöpferischen Zerstörung» und hilft, die hermetische Vorlage sprichwörtlich spielerisch aufzulockern. Gleichzeitig wird so auch der Kreis der Trias von Theater, Wirtschaft und der Jelinekeschen Sprache geschlossen, die allesamt durch den Begriff des Spiels firmiert sind. Die sich verselbständigende Logik des Marktes bringen die grossen Nullen auf der Bühne zum Ausdruck, die mal durch unterschiedliche Beleuchtung ein groteskes Eigenleben beginnen, mal durch götzenähnliche Darstellung die Gleichsetzung mit Gott verraten lassen.
Die offensichtliche Doppeldeutigkeit auf den Punkt bringt die Szene, in der Samuel Zumbühl mit einem aalglatten Lachen versucht, den Zuschauern den Würfel, der ihnen mit der Sechs zugewandt ist, als grösstmöglichen Gewinn zu verkaufen. Obwohl doch jeder weiss, dass eine andere, tiefere Zahl nach oben zeigt … Was soll nun gelten? (...)
www.kulturteil.ch
«Die Nuller-Rundungen laden ein, sich darauf zu wiegen und zu schaukeln (Wiebke Kayser macht es glücksstrahlend), sind Grund zur Freude, wenn sie sich hinter die Eins hängen, und bringen die Kleinsparer (Jörg Dathe und Bettina Riebesel) ins Elend, wenn die Eins weggeht. (...)»
«Elfriede Jelineks Text jongliert mit doppelzüngigem Zynismus, entlarvt im Zitat die Zauber-Scharlatane, die aus Geld Zertifikate und am Ende gar nichts machen und die Verluste in Gewinne umlügen. (...)»
«Isabel Osthues inszeniert am Luzerner Theater die Stückvorlage, die ihre Umsetzung und Konkretisierung offen lässt, als fröhlich buntes Spiel, das nostalgisch an die grossen Fernsehshows der 1960er- und 70er-Jahre erinnert. Danke schön dröhnt im tranigen Unterhaltungsorchester-Sound aus den Lautsprechern, ein kleines grünes Haus senkt sich vom Bühnenhimmel herab, ein grösseres rotes stülpt sich darüber. Samuel Zumbühl tritt auf Rollschuhen und im gelben Tütü als Joker aus dem Batman-Film «Dark Knight» auf und krächzt mit dessen hämischer Stimme. (...)»
«Gut gelaunt und voller Verwandlungslust bieten die Schauspieler einen grossen Spass. Beinahe lässt er vergessen, dass wir über ein Soll lachen, das uns als Haben verkauft wird. (...)»
Neue Luzerner Zeitung
«Auch zwei Jahre nach ihrer Uraufführung haben Elfriede Jelineks «Kontrakte des Kaufmanns» nichts an Unterhaltungswert und Überzeugungskraft eingebüsst. (...)»
«Besonders hübsch zurechtgemacht wurden die Schönheitsprinzessinnen (mehrere Mädchen im Vorschulalter), die sich an der Rampe aufreihen, den Zuschauern ihre Schärpen mit den Begriffen «Freiheit», «Pflicht» und «Hoffnung» präsentieren und dann wieder abgehen. (...)»
Tages Anzeiger
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