Fotos: Annemone Taake

mit:
Elena Nyffeler, Lisa Förster, Viola Pobitschka, Josepha Grünberg, Nanette Waidmann, Fabian Oehl, Dominik Lindhorst, Florian Mania, Jan Krauter, Bertram Maxim Gärtne


Regie: Isabel Osthues
Bühne und Kostüme: Mascha Schubert
Komposition: Timo Willecke
Ein Vorort, eine Dorfkneipe, neun Menschen, die sich seit dem Sandkasten kennen: Bruno arbeitet für Elisabeth, Marie ist mit Erich zusammen, Paul mit Helga, Franz muss für ein bisschen Sex mit Ingrid schon bezahlen und Gunda ist ganz alleine – und natürlich lassen sie das alle spüren. Heterosex und Beziehungsstress sind anerkannte Normalität; neben Alkohol, Machogehabe, Langeweile und Zukunftsfrust. Bis plötzlich Jorgos mitten in die Dorfclique platzt, der Gastarbeiter, den Elisabeth neu eingestellt hat, um für sie Wundertüten zu produzieren. Dieser Jorgos also stellt die Welt der Einheimischen auf den Kopf, alleine deshalb, weil er fremd ist, neu und anders. Und weil sich das Fremde bekanntermaßen am besten dazu eignet, die eigenen Wünsche und Sehnsüchte zu projizieren, brechen innerhalb kürzester Zeit bei den Frauen sexuelle und emotionale Sehnsüchte aus, die von den Männern mit Eifersucht und Aggression beantwortet werden. 24-jährig schrieb Rainer Werner Fassbinder mit Katzelmacher einen kraftvollen und hochaktuellen Text, der, vielfach ausgezeichnet, heute zu seinen weltweit meistgespielten Theaterstücken gehört. Der Fremde spaltet die Gruppe – und wird zur Projektionsfläche, an der sich Zukunftsangst, Fremdenfeindlichkeit und Abgrenzung entladen.
Presse
Isabel Osthues habe den Abend in dem Bewusstsein inszeniert, dass Fassbinders Text »traurigerweise nichts von seiner Aktualität eingebüßt« habe, so Volker Oesterreich in der Rhein-Neckar-Zeitung (16.02.2015). Überzeugend sei die Leistung des Ensembles: »Die Schauspieler deuten in den kurzen, von Isabel Osthues schlaglichtartig inszenierten Szenen durch dumpfe Blicke und abfällige Gesten an, wes’ Geistes Kinder sie sind. Eine reife Leistung, die nicht viel Aufhebens von sich macht, aber vielleicht gerade deshalb so wirkungsvoll ist.« mehr

(...) Im Rückblick ist diese Reise in die Finsternis der Provinz eher schlicht angelegt. Aber in der Analyse der Gründe, die zu Fremdenhass und Gewalt führen, kann der Text bestehen. Die über neunzig Minuten sehr konzentrierte Aufführung entgeht der Banalitäts-Falle, indem sie weniger die moritatenhafte Geschichte betont als die Schlaglichter auf das kollektive Unglück. Hier geht es nicht um Täter und Opfer oder einen Appell an die Willkommenskultur. Auf diesem Dorf ist keiner allein, aber alle sind so einsam, dass es einen fröstelt.
Darmstädter Echo
(...)  Differenzierte Figurenzeichnung ist ein bedeutsamer Pluspunkt dieser Produktion, die daraus und natürlich auch aus der lakonischen und "sprachlos"-verknappten Textvorlage ihre Intensität entwickelt. Jorgos erhält von Dominik Lindhorst die Züge eines schüchternen Kerlchens, der in der dörflichen Dunkelheit Hellas' Licht vermisst und geradezu zwangsläufig zum verprügelten Opfer wird.
(...) Individuelle Gestaltung zeichnet alle Darsteller aus. Bruno, als Beispiel, mutiert im Profil von Florian Mania vom heimlichen Bewunderer körperlichen Vorzugs des Fremden zum versteinerten Mitprügler, der Selbsterforschung verweigert. Helga, ein bisschen schwanger und ein bisschen verprügelt - Elena Nyffeler bettet sie in ein Geflecht aus Schüchternheit und Selbstbehauptung. Fabian Oehl (Paul), Jan Krauter (Erich) und Bertram Maxim Gärtner (Franz) haben viele Facetten parat, um heimliches Begehren oder schwerblütiges Verharren in der anerzogenen Intoleranz auszudrücken.
(...) Die Inszenierung macht das beklemmend deutlich, wobei keine bleierne Schwere aus dem Stück abgeleitet wird, sondern ein durchaus spielfreudiger Abend das Publikum mitnimmt in die Abgründe deutscher Provinzialität, die Rainer Werner Fassbinder so drastisch seziert. Innere Leere dominiert die armen Teufel in diesem Milieudrama. Das Premierenpublikum ist sehr zufrieden.
Mannheimer Morgen
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